pro Dessau-Roßlau

Mai 2019

Liebe Bürgerinnen und Bürger,

 

beim Erscheinen dieser Zeilen sind die Würfel bereits gefallen, ein neuer Stadtrat ist dank Ihrer Beteiligung gewählt. Die Mitglieder der parteiunabhängigen Wählergemeinschaft Pro Dessau-Roßlau wünschen dem neuen Stadtrat viel Erfolg und ein konstruktives Miteinander zu Gunsten einer positiven Entwicklung in unserer Stadt. Unser Dank gilt allen Mitgliedern unserer Vereinigung, die sich für die Wahl zur Verfügung gestellt haben und allen Unterstützern. Da nunmehr der offensichtliche Stimmenfang auf allen Ebenen vorbei ist, können wir uns wieder Sachthemen stellen.

Unsere Kandidaten wurden im Zuge des Wahlkampfes von der Initiative Schlossplatz Dessau zur Beantwortung der folgenden Frage aufgefordert:

„Sollen bei Verkauf und nachfolgender Neubebauung kommunaler Grundstücke im Bereich Schlossplatz 4-5 die Fassaden ihr historisches Aussehen zurückerhalten? Die Frage kann mit „Ja“, „Nein“ oder „Enthaltung“ beantwortet werden. Bitte lassen Sie uns die Antworten bis spätestens zum 8. Mai per Mail zukommen.“

 

Hierzu möchte ich nunmehr nach den Wahlen Stellung nehmen:

Es gibt ein „Bürgerbegehren für die Rettung des Dessauer Schlossplatzes“. In einem Bürgerentscheid am 01.09.2019 sollen hierüber die Bürger unserer Stadt entscheiden. Entscheiden soll eine Mehrheit der Bevölkerung. Unsere Bürger sind Souverän genug, um sich selbst eine Meinung bilden zu können. Dies wird in unserer Gesellschaft viel zu oft bezweifelt und in Frage gestellt. Wir befürworten, dass der Bürger zu wichtigen Themen die Möglichkeit der Mitsprache erhält. Basisdemokratische Entscheidungen müssen verantwortungsbewusst vorbereitet und diskutiert werden. Der Bürger, der abstimmt, muss sich über die Folgen seiner Entscheidung bewusst sein. Er übernimmt somit auch Verantwortung. Zur Frage Bebauung Schlossplatz 4-5 muss somit bis zum 01.09.2019 eine sachliche Diskussion stattfinden. Hierzu möchte ich im Folgenden einige Aspekte aufzeigen:

In der Vergangenheit gab es eine Vielzahl von Entwürfen und Vorschlägen zur Entwicklung des Bereiches Schlossplatz bis Mulde inclusive Stadtschloss mit Schlosspark. Mit Nachdruck wurde keines der vorhandenen Konzepte weiterverfolgt, geschweige denn umgesetzt. Konkret gesagt, seit den Rekonstruktionen der ehemaligen Ruinen der Marienkirche und des Johannbaus hat im besagten Bereich keine weitere städtebauliche Entwicklung stattgefunden. Die in Dresden beobachtete Entwicklung rund um die Frauenkirche hat es in Dessau nicht gegeben, obwohl die Ausgangssituation durchaus vergleichbar war.

Die Stadt Dessau hat durch mehrere Initiativen versucht, eine Entwicklung zu initiieren, zuletzt mit dem Konzept bei der Bewerbung zur Landesgartenschau. Es sollten im Umfeld wesentliche Projekte angestoßen werden. Die Ursachen des Scheiterns der Bewerbung sind vielfältig und können an dieser Stelle nicht weiter ausgewertet werden. In jedem Fall haben sich kompetente Fachleute (Architekten, Stadtplaner, Landschaftsarchitekten, Verkehrsingenieure und andere) über mehrere Jahre mit dem Umfeld beschäftigt. Der Vorwurf der Untätigkeit der Stadt ist somit nicht gerechtfertigt. Die konsequente Weiterverfolgung eines Gesamtkonzepts für die städtebauliche Entwicklung wurde jedoch immer wieder unterbrochen. Dies führte dazu, dass man immer wieder beim Punkt Null mit neu zusammengestellten Teams aus Fachleuten begann. Durch die erfolgte Ausschreibung für den Hotelneubau am Schlossplatz 4-5 konnte nunmehr ein Projekt angestoßen werden, welches durch Investoren auch umzusetzen ist.

Es wurden zwei sehr interessante Entwürfe in hoher Qualität vorgestellt, welche auch ein Nutzungskonzept über 25 Jahre hinaus beinhalten.

Zur gleichen Zeit stellte Frau Kerstin Franz in einer Bürgerversammlung in der voll besetzten Marienkirche ihre Visionen für die Entwicklung des Schlossplatzes, den Terrassen zur Mulde, dem Gebäude zur Ergänzung des Schlossensembles und zur Gestaltung des Schlossparks in Form von Fotomontagen vor. Die Visionen finden großen Anklang und wecken Emotionen.

Es bildete sich nunmehr die Bürgerinitiative für die Rettung des Dessauer Schlossplatzes, die sich gegen die beiden Projekte zum Hotelneubau richtete. Es ist erklärtes Ziel, den nunmehr bevorzugten Entwurf zum Hotelneubau abzulehnen. Es sollen die Fotos von historischen Fassaden in die Wirklichkeit umgesetzt werden. Dies würde bedeuten, dass ein komplett neuer Entwurf für das Projekt inclusive Nutzungskonzept (Hotelbetreiber) und Finanzierungsmöglichkeiten erstellt werden müssen. In Dresden ist dies im Bereich um die Frauenkirche gelungen. Unter den aktuellen Bedingungen ist dies in Dessau jedoch nicht realisierbar.

Zu einer kreativen und fachlichen Zusammenarbeit zwischen der Bürgerinitiative und den Stadtplanern der Stadt ist es nicht gekommen. Die Möglichkeit der Beratung mit dem Gestaltungsbeirat der Stadt wird nicht in Anspruch genommen. Die Kommunikation ist erheblich gestört. Man hat sich im Ton vergriffen. Es wurden Vorwürfe der Bestechung erhoben, die nicht zutreffen. Eine inhaltliche Auseinandersetzung, eine Konzeptarbeit zur Gestaltung findet nicht mehr statt. Mit der Durchsetzung des Bürgerbegehrens sind die Fragestellungen juristisch sicher abgeschlossen. Das Potential einer kreativen Zusammenarbeit zur Gestaltung wird leider verschenkt. Wir haben die Wahl: Soll es so aussehen, wie auf dem Foto oder nicht?

Meine Antwort: Es kann nicht so aussehen, wie auf dem Foto. Das Foto stammt aus einer anderen Zeit. Die Menschen, die dies entworfen, finanziert, gebaut und genutzt haben gibt es nicht mehr.

Natürlich haben wir heute die Möglichkeiten Fassaden nach unseren Bedürfnissen und nach unserem Geschmack in jeder gewünschten Form zu gestalten. Aber so etwas kann nur in einem kreativen Gesamtprozess entworfen werden und dafür brauchen wir Architekten.

Gegensätzliche Meinungen in der Sache dürfen nicht zu Feindschaften werden. Feinde bekämpft man. Mit anders denkenden kann man diskutieren. Das Ziel für unsere Stadt sollte man nicht aus den Augen verlieren. Entscheiden Sie am 01.09.2019 verantwortungsbewusst. Denken Sie positiv! Denken Sie Pro Dessau-Roßlau!

 

Dessau-Roßlau, 15.05.2019

Dr. Gert Möbius,

Fraktion Pro Dessau-Roßlau

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