pro dessau-roßlau

Juli 2018

Zum Abschied von der Rohbraunkohle im Kraftwerk der DVV an der Brauereibrücke.

In der „MZ“ vom 28.06.2018 wurde der Abschied von der Rohbraunkohle aus dem Kraftwerk der DVV und damit vom letzten Verbraucher dieses heimischen Energieträgers
in Dessau verkündet.
Wesentlich verschärfte Umweltauflagen, eine hohe Förderung bei schneller Stilllegung der Kohlekesselanlagen aber auch die ausgebliebene Preisexplosion bei den Importenergieträgern
haben zu dieser Entscheidung geführt.
Mit dem Kohleausstieg geht eine Ära in Dessau zu Ende. Einige ältere Dessauer werden sich noch an ihren Einsatz zu DDR Zeiten im Kohlebetrieb der Gärungschemie erinnern, um die Dampferzeugung zu stabilisieren und damit den Betrieb der Industrie- und Versorgungsbetriebe im Westen Dessaus aufrecht zu erhalten. Sicherlich sind auch noch Staub und andere Emissionen aus der Gärungschemie in Erinnerung, an denen auch der Kohleeinsatz seinen Anteil hatte

Es sei noch einmal im Nachgang erinnert, was überhaupt nach der Wende zum weiteren Kohleeinsatz im städtischen Kraftwerk zur Sicherung der Fernwärmeversorgung in Dessau geführt hat.
Zum einen bestand die Notwendigkeit eine Alternative zum 7 km entfernt liegenden Kraftwerk Vockerode zu finden. Angebote der VEAG und auch der MEAG waren nicht akzeptabel.

Zum anderen gab es das Industriekraftwerk der Gärungschemie. In dieses Kraftwerk waren in den letzten Jahren der DDR erhebliche Investitionen getätigt worden, um den Produktionsbetrieb der Gärungschemie speziell der neuen wärmeintensiven Futterhefeproduktionsanlagen zu sichern. Die Futterhefeherstellung, wie auch die hohe Primaspritproduktion hatten unter den Bedingungen der Marktwirtschaft keine Chance, so dass in der Folge ein Heizkraftwerk mit neuen Anlagen aber erheblichen Überkapazitäten am Standort Gärungschemie also in guter zentraler Lage in Dessau vorhanden war.

Eigene Rechnungen ergaben, dass das Heizkraftwerk an dieser Stelle im Kraftwärmekopplungsprozess gefahren, eine sehr wirtschaftliche Möglichkeit der Fernwärmeerzeugung darstellt.
Eine Grundlage dafür war die Weiterverwendung von Teilen der vorhandenen neuen Dampferzeuger-, Bekohlungs-,Entaschungs- und Entstaubungsanlagen.
Diese vorhandenen Anlagen verringerten den Investitionsaufwand in neue Kraftwerksanlagen, ohne die es natürlich nicht gehen konnte. Hier waren der Neubau einer Gasturbinenanlage mit Erdgaseinsatz zusätzlich erforderlich.

So entstand dann das Konzept nach der Übernahme des Heizkraftwerkes in die DVV dieses den neuen Bedingungen anzupassen und mit einem Energieträgermix von Erdgas und Rohbraunkohle zu betreiben. Im Vergleich zu den anderen Angeboten hier in Dessau und zum Durchschnittspreis in den Neuen Ländern konnte mit dieser Konstellation der Fernwärmepreis sehr günstig gehalten werden.

Obwohl schon Anfang der Neunziger Jahre die Rohbraunkohle mehr oder weniger in Misskredit geraten war und die Berater aus den alten Ländern den Kohleeinsatz ablehnten,
ist dieses Konzept bis heute aufgegangen.
Entscheidend dabei war die Preisdifferenz im Bezug von Rohbraunkohle und Erdgas.

Diese Preisdifferenz hat die Mehraufwendungen beim Kohleeinsatz mehr als kompensiert und nebenbei 20 Arbeitsplätze über die schweren Zeiten der Nachwende bis heute gesichert.

Bei der Entscheidung für den Rohbraunkohleeinsatz hatte aber auch der Blick über die Werksgrenze eine Rolle gespielt. Es waren und sind nun mal mit der Kohle Arbeitsplätze in den Kohlerevieren und im Transportwesen verbunden und es ist ein heimischer Primärenergieträger, der preislich nicht von den Turbulenzen auf dem Weltmarkt abhängig war und ist. Auch das Handling hatte sich nach der Wende Anfang der neunziger Jahre
wesentlich umweltfreundlicher gestaltet, der Kohlelieferant nahm die Verbrennungsrückstände zurück und zur Reduzierung von Emissionen gab es, der Gesetzeslage entsprechend, geeignete technische Anlagen.

Die extrem veränderten Rahmenbedingungen haben nunmehr dazu geführt in Zukunft auf den heimischen Energieträger Rohbraunkohle zu verzichten, aber trotzdem preiswert und sicher Fernwärme zu erzeugen.

Dessau-Roßlau, den 03.07 2018

W. Kleinschmidt
Stadtrat Pro Dessau-Roßlau

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